Das SGB VII enthält keine generelle Höchstgrenze von 78 Wochen für den Bezug von Verletztengeld

Wer infolge eines Arbeitsunfalls arbeitsunfähig erkrankt, erhält unter bestimmten weiteren Voraussetzungen von der gesetzlichen Unfallversicherung Verletztengeld.

Immer wieder berichten mir Mandanten, dass Ihnen nach einem Arbeitsunfall von der zuständigen Berufsgenossenschaft mitgeteilt worden sei, dass Verletztengeld – analog zum Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung – grundsätzlich nur bis zur 78. Woche gezahlt werden könne. Dies ist so jedoch nicht richtig.

Wie die Rechtslage tatsächlich ist, möchte ich an einem Beispielfall aus meiner Praxis erläutern:

Jens K. ist von Beruf Maschinen- und Anlagenmonteur und seit mehreren Jahren als Betriebsschlosser tätig. Er erlitt einen Arbeitsunfall während Abrissarbeiten durch seine Firma. Dabei verletzte er sich an der Schulter. Ärztlicherseits wurde er arbeitsunfähig geschrieben. Zunächst erhielt er 6 Wochen Lohnfortzahlung von seinem Arbeitgeber. Anschließend zahlte ihm die zuständige Berufsgenossenschaft Verletztengeld. Die Arbeitsunfähigkeit von Jens K. bestand infolge fort, da seine Schulter nach mehreren Operationen nicht wieder so hergestellt werden konnte, dass er seine letzte Tätigkeit als Betriebsschlosser wieder hätte aufnehmen können.

Zwischenzeitlich wurde sein Arbeitsverhältnis beendet. Jens K. bemühte sich daher sowohl beim Arbeitsamt, als auch bei der zuständigen Berufsgenossenschaft um eine berufliche Rehabilitationsmaßnahme.

Schließlich erteilte die zuständige Berufsgenossenschaft einen Bescheid, wonach die Verletztengeldzahlung mit Ablauf der 78. Woche vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit ende. Erst Monate später bewilligt sie Jens K. die von ihm begehrte Rehabilitationsmaßnahme in Form eines 13-monatigen Integrationsprojektes für Behinderte.

Die Entscheidung der Berufsgenossenschaft, die Verletztengeldzahlung mit Ablauf der 78. Woche einzustellen, war rechtswidrig. Nach dem Gesetz endet die Verletztengeldzahlung mit Ablauf der 78. Woche, - wenn mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist und berufsfördernde Leistungen (neu: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) nicht zu erbringen sind (vgl. § 46 Abs.3 Satz 2 Ziff.3 SGB VII). Dies bedeutet, dass die Berufsgenossenschaft eine Prognoseentscheidung über den Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit zu treffen hat und zugleich , ob Teilhabeleistungen zu erbringen sind. Vorliegend hatte die Berufsgenossenschaft die geforderte Prognoseentscheidung nicht getroffen und zudem zu einem späteren Zeitpunkt Teilhabeleistungen bewilligt. D.h. es ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Einstellung des Verletztengeldes berufsfördernde Leistungen objektiv angezeigt waren, diese nur verzögert bewilligt wurden. Genau dies kann aber nicht zu Lasten des Versicherten gehen.

Eine Höchstgrenze von 78 Wochen für den Bezug von Verletztengeld ist in den Regelungen der gesetzlichen Unfallversicherung – im Unterschied zur Krankenversicherung - nicht enthalten. Dies betonte das Bundessozialgericht nochmals in seiner Entscheidung vom 30.10.2007 in dem Verfahren unter dem Az.: B 2 U 31/06 R, in welchem die Unterzeichnerin den Kläger vertrat.

Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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