Muss der Arbeitgeber einer stufenweisen Wiedereingliederung nach längerer Krankheit zustimmen ?

In meiner anwaltlichen Tätigkeit häufen sich in letzter Zeit Fälle, in denen der Arbeitgeber die stufenweise Wiedereingliederung nach längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten verweigert. Insbesondere bei größeren Unternehmen oder Behörden des öffentlichen Dienstes vermisst man oft die Einsicht, dass es sowohl für den Arbeitnehmer, als auch für die Gesellschaft besser ist, wenn dieser aus der Arbeitsunfähigkeit heraus findet und wieder ins Erwerbsleben integriert werden kann. Schlägt dieser Versuch fehl, sind nicht selten Arbeitslosigkeit und am Ende Harzt IV die Folge. Je länger die Arbeitsunfähigkeit andauert umso mehr entwöhnt sich der Betroffene vom Arbeitsprozess.

Arbeitnehmer, die in Absprache mit ihrem behandelnden Arzt einen stufenweisen Wiedereingliederungsversuch starten wollen, sind in der Regel motiviert, wieder auf ihrem alten Arbeitsplatz einzusteigen. Doch haben sie dabei nicht selten mit der Hürde zu kämpfen, dass der Arbeitgeber sie nicht mehr will. Wie ist die Rechtslage?

Im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung wird der Erwerbstätige bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit individuell (je nach Krankheit und bisheriger Dauer der Arbeitsunfähigkeit) schonend, aber kontinuierlich an die Belastungen seines Arbeitsplatzes herangeführt. Er nimmt oft zunächst nur stundenweise die Arbeit wieder auf und steigert allmählich seine Arbeitszeit/-belastung, bis er nach einer gewissen Zeit ( in der Regel innerhalb eines Zeitraumes zwischen 14 Tagen und zwei Monaten, maximal nach 6 Monaten) wieder voll in den Arbeitsprozess seines alten Arbeitsplatzes integriert ist. Die stufenweise Wiedereingliederung ist vor allem sinnvoll für Arbeitsunfähige, die wegen Arbeitsunfähigkeit bsp.weise infolge eines schweren Unfalles eine längere Zeit nicht an dem Arbeitsprozess am Arbeitsplatz teilnehmen konnten und für psychisch oder somatisch Erkrankte, die nach der Arbeitsunfähigkeit nur schrittweise an die volle Arbeitsbelastung herangeführt werden können. Da der Erfolg der Wiedereingliederung im Wesentlichen auch von der positiven Mitwirkung des Arbeitgebers abhängt, ist dessen grundsätzliche Zustimmung notwendig. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Durchführung der stufenweisen Wiedereingliederung des Arbeitnehmers besteht jedoch nicht. Erklärt der Arbeitgeber, dass es nicht möglich ist, den Versicherten zu beschäftigen, ist die stufenweise Wiedereingliederung nicht durchführbar.

Der alte Arbeitsplatz muss sich natürlich auch zur Wiedereingliederung eignen. Daher sollten vor Einholung der Zustimmung des Arbeitgebers die konkreten Einsatzmöglichkeiten und -bedingungen in einem persönlichen Gespräch abgeklärt werden. Hier empfiehlt sich auch die Einschaltung der Personalabteilung und des Betriebs- bzw. Personalrates. Es gilt, nicht so leicht aufzustecken, sondern hartnäckig zu bleiben und um den Erhalt des Arbeitsplatzes zu kämpfen – notfalls mit anwaltlicher Unterstützung.

Der Arbeitgeber hat gegenüber behinderten oder von Behinderung bedrohten Arbeitnehmern gesetzliche Verpflichtungen. Er muss Maßnahmen des betrieblichen Rehabilitationsmanagements nachweisen. Was tut er, um dem Arbeitnehmer den beruflichen Wiedereinstieg zu ermöglichen? Ihm muss auch bewusst sein, dass er das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, der willens ist, die Arbeitsunfähigkeit zu beenden und dem die Ärzte eine positive Gesundungsprognose gestellt haben, nicht aus personen -(krankheits-)bedingten Gründen einseitig auflösen kann.

Schließlich hat der Arbeitgeber während der Wiedereingliederungsphase keine finanziellen Lasten zu tragen. Da der Arbeitnehmer weiterhin arbeitsunfähig ist, erhält er auch weiter Krankengeld.

Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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