Neues Clearingverfahren zum SV-Status ab 1. April 2022 – kein Aprilscherz!

Sind sich Auftraggeber und Auftragnehmer nicht darüber im Klaren, ob die vereinbarte Tätigkeit als selbstständig oder als abhängig anzusehen ist, kann eine Klärung durch eine Anfrage bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund beantragt werden. Zum 1. April 2022 treten vielfältige Änderungen bei diesem Verfahren in Kraft.

Das Statusfeststellungsverfahren schützt insbesondere selbständig tätige Erwerbstätige und ihre Auftraggeber vor den Risiken einer falschen Statuseinschätzung. Diese geht in der Regel einher mit erheblichen Beitragsnachforderungen. 

In den letzten Jahren hatten die Sozialgerichte über den Erwerbsstatus von Honorarärzten, Pflegefachkräften, IT-Spezialisten, geschäftsführenden GmbH-Gesellschaftern usw. zu entscheiden. Und was ist Crowdwork, abhängige Beschäftigung, Soloselbständige oder Heimarbeit? Auch künftig wird es immer neue Arbeits- und Erwerbsformen geben. 

Die Abgrenzung einer selbstständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung ist oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die bisher geltenden Abgrenzungskriterien bleiben bestehen, es ändert sich aber einiges am Verfahren. 

Die Änderungen sollen dazu dienen, Rechts- und Planungssicherheit für alle Vertragsbeteiligten früher, einfacher und schneller als bisher herzustellen. 

Die neue Rechtslage sieht gegenüber der bis zum 31. März 2022 geltenden Fassung u.a. folgende Änderungen vor: 

  • Das Verfahren entscheidet zukünftig über den Erwerbsstatus als Teil einer möglichen Sozialversicherungspflicht und nicht mehr über die Versicherungspflicht. Es wird also festgestellt, ob es sich um eine Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit handelt. 
  • Zukünftig kann die Entscheidung auf Antrag auch vor Beginn der Tätigkeit getroffen werden (Prognoseentscheidung). 
  • Anhörung der Beteiligten unterbleibt, wenn einem übereinstimmenden Antrag der Beteiligten stattgegeben wird (Turboverfahren) 
  • Mündliche Anhörung im Widerspruchsverfahren 
  • Neu: Erwerbsstatus-Feststellungsklage 
  • Ferner ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Gruppenfeststellung möglich. Dadurch entfallen vielfache Einzelentscheidungen in gleichgelagerten Sachverhalten. 

Die bisherige Regelung sieht ab 1. April 2022 eine Entscheidung über den Erwerbsstatus und nicht mehr die Beurteilung der Versicherungspflicht vor. Dies bedeutet, dass festgestellt wird, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt. Über eine Versicherungspflicht in den einzelnen SV-Zweigen wird keine Entscheidung getroffen. 

Liegt eine abhängige und damit grundsätzlich versicherungspflichtige Beschäftigung vor, nimmt der Arbeitgeber die erforderlichen Meldungen vor. Eine gesonderte Feststellung der Versicherungspflicht durch die Einzugsstelle oder im Rahmen einer Betriebsprüfung durch die DRV Bund ist nur in besonderen Sachverhalten erforderlich. 

Bei der Beurteilung von Versicherungspflicht aufgrund des Auftragsverhältnisses sind andere Versicherungsträger an die Entscheidungen der DRV Bund im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens gebunden. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf Entscheidungen der Bundesagentur für Arbeit, insbesondere soweit die Versicherungspflicht Voraussetzung für einen Anspruch auf Leistungen der Arbeitsförderung ist. 

Das Statusverfahren durch die Clearingstelle der DRV Bund wurde immer wieder heftig kritisiert. Einige Kritikpunkte wurden nun mit den neuen Verfahrensvorschriften behoben, andere werden wohl den Betroffenen noch immer Schwierigkeiten bereiten. Aber ein erster Schritt ist getan. Mit den nach wie vor bestehenden sozialrechtlichen, arbeitsrechtlichen und strafrechtlichen Risiken ist – auch ab dem 1. April 2022 - nicht zu scherzen, eine fachkundige Beratung kann diese minimieren. 

Constanze Würfel 

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht 

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