Wer muss die Kosten für eine notwendige persönliche Assistenz für ein Kindergartenkind mit Erdnussallergie übernehmen?

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat am 27.09.2014 im Rahmen eines Eilverfahrens ((AZ: L 8 SO 177/15 B ER) entschieden, dass ein Sozialhilfeträger die Kosten für die persönliche Assistenz eines Kleinkindes während des Besuches einer Kita vorläufig übernehmen muss. Der Besuch in einer Kindertagesstätte sei für die Entwicklung des Kindes wichtig.

Das Gericht hatte folgenden Fall zu entscheiden: Ein vierjährige Junge litt an einer hochgradigen Erdnussallergie. Es bestand ein hohes Risiko einer allergischen Reaktion bis hin zum lebensbedrohlichen Schock. Sein bisheriger Kindergarten konnte nicht gewährleisten, dass der Junge keine Erdnüsse oder erdnusshaltigen Lebensmittel zu sich nehmen würde. Der Junge wurde deshalb seit der Diagnose der Erdnussallergie von seinen berufstätigen Eltern, seiner Großmutter und einer ebenfalls berufstätigen Tante zu Hause betreut. Versuche der Eltern, die Kita in Zusammenarbeit mit den Erzieherinnen und Eltern der anderen Kinder "erdnussfrei" zu gestalten, blieben erfolglos. Der Junge konnte auch nicht in zumutbarer Weise in einem anderen Kindergarten inner- oder außerhalb der Wohnortgemeinde betreut werden. Selbst die Gemeinde lehnte die Aufnahme des Jungen in ihren Kindergärten ohne weitere Assistenzkraft wegen der gesundheitlichen Risiken ab.

Daher beantragten die Eltern beim zuständigen Sozialhilfeträger die Übernahme der Kosten für eine persönliche Assistenz für die Zeit des Kindergartenbesuches. Dieser lehnte den Antrag ab.

Auch das Sozialgericht in Stade lehnte den Antrag im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ab. Beim Landessozialgericht hatte der Junge Erfolg: Es verpflichtete den Sozialhilfeträger im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorläufig, die Kosten für eine persönliche Assistenz für die Zeit des Kita-Besuches in einem Wochenumfang von 20 Stunden zu übernehmen. Dem Jungen sei nicht zuzumuten, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Die Richter verwiesen dabei auf die Bedeutung des Besuchs einer Kindertagesstätte für die kindliche Entwicklung. Nur durch eine persönliche Assistenz könne der Besuch des Kindergartens ermöglicht werden. Laut Gesundheitsamt bedürfe der Junge während des Besuches des Kindergartens durchgängig der Beobachtung und Begleitung durch eine fachlich unterwiesene Person, um zu verhindern, dass er mit Erdnüssen, "Erdnussprodukten" oder auch nur Spuren von erdnusshaltigen Lebensmitteln in Kontakt komme. Eine besonders qualifizierte Fachkraft wie etwa eine Krankenschwester sei allerdings nicht erforderlich. Diese Assistenz müsse zusätzlich gestellt werden, da im Kindergarten eine solche zusätzliche Assistenzkraft de facto nicht vorhanden sei.

Auch scheide eine Betreuung durch eine Tagespflegeperson derzeit aus. Das Gericht hatte Zweifel, ob eine solche Betreuung in gleicher Weise geeignet sei, die Aufgabe der Eingliederungshilfe zu erfüllen wie die Betreuung in einem Kindergarten.

Eine gute Entscheidung, wie ich meine – die Eltern mit ihrem Problem nicht allein zu lassen!

Constanze Würfel Rechtsanwältin und Fachanwältin für Sozialrecht

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